Neuromonitoring - © Raumedic, BVMed
Etwa 5 Millionen Menschen leiden in Deutschland an neuropathischen Schmerzen. 20 Prozent der Menschen, die eine schmerztherapeutische Einrichtung aufsuchen, leiden unter ungenügend therapierten neuropathischen Schmerzen. Eine statistische Erhebung aus den USA zeigte, dass nur 30 Prozent der Neurologen neuropathische Schmerzen sicher diagnostizieren konnten. Nur 20 Prozent kannten eine adäquate Therapie.
Studien belegen auch, dass nach operativen Eingriffen zirka ein Fünftel der Patienten an Nervenschmerzen leiden, die in eine chronische Form übergehen und sie langfristig, teilweise sogar lebenslang begleiten.
Nervenschmerzen gehören neben Rückenschmerzen und Kopfschmerzen zu den häufigen Ursachen für chronische Schmerzen. Sie entstehen durch Schädigungen und Erkrankungen von Nervenstrukturen und können das periphere oder zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) betreffen. Auslöser sind vielfältig. Sie können nach operativen Eingriffen auftreten, im Rahmen von Diabetes oder Gürtelrose entstehen, die Folge eines Schlaganfalls oder von Multiples Sklerose sein. Das Nervensystem verändert sich durch die Verletzung biochemisch und strukturell und bilden sich nach einer gewissen Zeit nicht mehr zurück. Die Folge sind chronische Schmerzen.
Ein Anzeichen für neuropathische Schmerzen ist eine deutlich veränderte Hautsensibilität. Der Patient reagiert typischerweise überempfindlich oder weniger empfindlich auf sensorische Reize wie Wärme, Kälte, Druck oder Berührungen. Häufig kommen brennende Spontanschmerzen und Schmerzattacken vor.
Eine Überempfindlichkeit der Haut wird manchmal auch bei normalerweise kaum spürbaren Reizen beobachtet. Patienten, die chronische Schmerzen nach einer Gürtelrose entwickeln, empfinden beispielsweise häufig schon das Überstreifen von Kleidung im betroffenen Hautareal als sehr unangenehm und sogar schmerzhaft wahr.
Die Diagnose von Nervenschmerzen ist schwierig, da es kein einheitliches Beschwerdebild gibt.
Jedes Symptom kann in beliebiger Kombination mit anderen auftreten, unabhängig von der zugrundeliegenden Grunderkrankung. So kann ein Diabetiker an ständig brennenden Füßen leiden, ein anderer hingegen an tauben Beinen, die gegen Berührung und sonstige Reize unempfindlicher sind. Andererseits gibt es auch Patienten, die völlig unterschiedliche Grunderkrankungen haben und trotzdem das gleiche Schmerzbild aufweisen.
Die medikamentöse Behandlung der Schmerzsyndrome ist grundsätzlich ähnlich, auch wenn die zugrundeliegende Krankheitsursache unterschiedlich ist. Viele Ärzte verschreiben immer noch gängige Schmerzmittel wie Ibuprofen, Diclofenac oder Paracetamol. Bei Nervenschmerzen zeigen diese aber kaum eine Wirkung. Erfolg versprechen dagegen Opioide und schmerzlindernde Medikamente, die sonst bei Epilepsie und Depression eingesetzt werden. Auch lokale Behandlungen, zum Beispiel mit Lokalanästhetika oder Capsaicin, dem Wirkstoff der Chilischote, können den Nervenschmerz lindern.
Eine medikamentösen Therapie führt meist zu einer Schmerzlinderung von mehr als 30 bis 50 Prozent. Sie verbessert die Schlafqualität, ermöglicht soziale Aktivitäten und Beziehungen und erhält die Arbeitsfähigkeit. Völlige Schmerzfreiheit lässt sich kaum erreichen.
Um die Lebensqualität des Patienten zu verbessern werden auch psychologisch-verhaltenstherapeutische Verfahren und Bewegungstherapie eingesetzt. Wichtig ist es, den richtigen Umgang mit dem Schmerz zu erlernen.
Quellen:
Deutscher Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz,
Vortrag von R. Baron und T.R. Tölle: Pathophysiologie, Prävention und Therapie, 13. Mai 2017
Deutsches Ärzteblatt, Nicola Siegmund-Schultze: Neuropathischer Schmerz, 12. Mai 2017
Deutsches Ärzteblatt, Ralf Baron: Diagnostik und Therapie neuropathischer Schmerzen, 30. April 2009